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Kunstgalerie Alte Post
  -  Veranstaltungen   -  Alles Schläft

„Und in demselben Augenblicke schlief mit ihr alles ein, was im Schlosse war, die Kammerherren, die Hofdamen, die Möpse, die Jagdhunde, die Leibkatzen, die Kammermädchen, die Hofmusik, die Pferde im Stalle, die Schwalbe im Neste, die Nachtigall im Busche, die Taube auf dem Dache, die Pagen, die Türsteher, die Hundejungen, die Läufer, die Köche und Küchenjungen, die Beschließerin, das Feuer auf dem Herde, das Wasser am Rohrbrunnen und im Springbrunnen, selbst Blumen, Büsche und Bäume und selbst der Wind, der eben über das Schloß wehte, alles in der Stellung und Lage, die es eben hatte, als die Prinzessin in Schlaf sank.“

Das Projekt „alles schläft“ entwickelte sich in einer Phase des Stillstands, die abrupt und unerwarteterweise an eine Phase kreativer Bewegung und Aktivität anschloß. 

Im sehr zeitigen Frühjahr 2020 fanden mehrere Erzählungen von Maria Michels statt, die eigentlich noch weitergeführt werden sollten. Die ganze Galerie Alte Post war eine Bühne für Maria Michels und ihre „Gänsehirtin am Brunnen“. 

Der Corona-Lockdown versetzte Bühne und Galerie dann urplötzlich in einen tiefen Schlaf. Geplante Ausstellungen der Galerie wurden nach hinten verschoben, die bühnenbildnerischen Arbeiten von Maria Michels, Mechthild Waxweiler und Nadja Hormisch verschwanden entweder unter schützenden Tüchern oder schliefen ganz einfach von selber ein. 

Im darauffolgenden Sommer des Stillstands überlegten die Freundinnen, wie sie diesen unruhigen Zustand der erzwungenen Ruhe auf sanfte Art beruhigen könnten. Das ursprüngliche Bühnenbild wurde umgestaltet und erweitert und die Ausstellung „alles schläft“ nahm langsam und allmählich Form an. Es ist eine leise Ausstellung, die zum echten Innehalten einlädt. Alle Werke entspringen einer alten, vielgestaltigen Märchenwelt, die gute Kräfte wecken kann während einer Zeit, die leider alles andere als märchenhaft ist.

Die ausstellenden Künstlerinnen von „alles schläft“  und ihre Unterstützer*innen:

Die Gymnasiallehrerin Mechthild Waxweiler (Jahrgang 1958)  beschäftigt sich seit vielen Jahren leidenschaftlich mit der Bildhauerei. 

Im jährlichen Symposium des Kulturwerks Weißenseifen, an dem sie seit den 1990er Jahren häufig teilnahm, erlernte sie bei renommierten Dozenten Technik und Herangehensweisen. 

Mechthild Waxweiler verwendet für ihre Werke manchmal Stein, meistens aber Holz. Besonders gerne bearbeitet sie knorrige Naturhölzer, deren Geschichten und charakteristische Eigenheiten gewollt in die Arbeit mit einfließen dürfen. Dabei kommen ihre ur-eigenen Themen, die sich häufig auf das Leben von Frauen beziehen, künstlerisch zum Ausdruck.  So verbinden sich Bäume und Frauen unter ihren Händen zu starken Eigenwesen mit märchenhafter Anmutung. Die drei Frauenfiguren in den unterschiedlichen Lebensphasen (zu sehen in der Ausstellung „alles schläft“) legen davon ein beredtes Zeugnis ab.

Nadja Hormisch (Jahrgang 1967) studierte Angewandte Physische Geographie, ist aber bereits seit etlichen Jahren als freischaffende Textilkünstlerin tätig. Seit sie zurückdenken kann, benutzt sie textile Materialien und Arbeitsweisen als Ausdrucksmedium. Besonders angetan hat es ihr die freie Stickerei, häufig ergänzt durch Appliqué- und Collagetechniken. Dabei fließen oft Bilder und Eindrücke aus der geographischen Welt in ihre Arbeiten mit ein. Aber auch sehr persönliche Themen wie Ursprung und Vergangenheit, Verwandlung und Neubeginn werden immer wieder von ihr aufgegriffen. 

Viele der textilen Arbeiten von Nadja Hormisch haben eine verwunschene, poetische Komponente. Ab und an entsteht sogar eine Arbeit, die unmittelbar auf die Märchenwelt bezogen ist. In der Ausstellung „alles schläft“ finden diese Werke nun ihren Platz.

Maria Michels (Jahrgang 1940) läßt sich auf keine Kunstform festlegen. Während ihrer aktiven Zeit als Hauptschullehrerin initiierte sie zahlreiche Marionetten-Theateraufführungen gemeinsam mit Schülern und Erwachsenen. Nach ihrer Pensionierung studierte sie in Zürich an der ZHDK (Zürcher Hochschule der Künste) Figurentheater und begann in der Folgezeit, Märchen (v.a. der Brüder Grimm) spielerisch-erzählend einem begeisterten Publikum vorzutragen. 

Die jeweiligen Bühnenbilder wurden über die Jahre in vielen künst-lerischen Ausdrucksformen von ihr selbst entworfen und angefertigt. 

Dafür experimentierte sie mit unterschiedlichen Natur-Werkstoffen wie Holz, Ton, Draht, Wolle, Flachs, Wachs, Papier, Stein.

Die Arbeiten von Maria Michels nehmen stets Bezug auf die uralten Erzählungen, können aber teilweise durchaus selbstbewußt für sich alleine stehen. In der Projekt-Ausstellung „alles schläft“ treffen nun verschiedene von Maria Michels erzählte Märchen-(Bühnen-)Objekte aufeinander.

Gisela Wrobel (Jahrgang 1951) ist Förderschullehrerin und hat jahrelang ein renommiertes Theater in Köln geleitet. Ihr sicheres Gefühl für das Zusammenspiel von Sprachrhythmus und Darstellung machen sie zu einer wichtigen Beraterin für Maria Michels in der letzten Phase der Märcheninsszenierungen.

Joachim Pikulik (Jahrgang 1961), Kunstlehrer am Gymnasium und leidenschaftlicher  Zeichner, hat das „alles schläft“-Plakat entworfen, und zwar auf besonderen Wunsch handgeschrieben und handgezeichnet. 

„Und was ist das für ein Ding, das da so lustig tanzt und springt und sich dreht wie im Tanze?‘ fragte die Prinzessin und griff nach der Spindel. Kaum hatte sie die Spindel berührt, so stach sie sich, fiel hin und sank in einen tiefen, tiefen Schlaf.“